Ist Neufund noch zu Retten?

Neufund ist ein Unternehmen, das 2016 von Zoe Adamovicz und Marcin Rudolf in Berlin, mit dem großen Ziel eine ernst zu nehmende Alternative zu klassischen Wertpapierbörsen darzustellen, gegründet wurde. Größere Bekanntheit erlangte das Projekt, weil der bekannte Investor von der […]

Lukas Mantinger

Lukas Mantinger

February 20, 2020 10:06 PM

Ist Neufund noch zu Retten?

Neufund ist ein Unternehmen, das 2016 von Zoe Adamovicz und Marcin Rudolf in Berlin, mit dem großen Ziel eine ernst zu nehmende Alternative zu klassischen Wertpapierbörsen darzustellen, gegründet wurde. Größere Bekanntheit erlangte das Projekt, weil der bekannte Investor von der Höhle der Löwen Frank Thelen beteiligt ist und unter anderem in seinem Buch “Startup-DNA” die Werbetrommel dafür gerührt hat.

Was ist Neufund?

Neufund ist eine blockchainunterstützte Crowdfunding Plattform für Klein- und Mittelunternehmen (KMU). Die Unternehmen verkaufen auf der Plattform sogenannte Equity Token in Equity Token Offerings (ETO) an die Investoren gegen Ether oder Euro. Im Gegenzug repräsentieren diese Equity Token, so wie Wertpapiere auch, Anteile an dem Unternehmen. Falls vereinbart, werden auch Dividenden an die Tokenholder ausgeschüttet. Aus rechtlichen Gründen verwaltet momentan eine vom Rechtsanwalt Andre Eggert ins Leben gerufene Zweckgesellschaft, ein Nominee, das gesamte Kapial offchain und gibt die Token an die Investoren weiter. Neufund soll auch Kleinanlegern die Möglichkeit geben zu investieren.

Gegen Ende des Jahres 2017, wurden Token mit der Bezeichnung Neumark (NEU) im Rahmen eines ICBM (Initial Capital Building Mechanism) herausgegeben. Dabei wurden die Gelder nicht eingesammelt, sondern der Investor übergab sie an einen Smart Contract, der ihre Verwendung für 18 Monate ausschließlich auf der Neufund Plattform (z.B. Teilnahme an einem ETO) zulässt. Auf diese Weise wurden rund 13 Mio. € für den zukünftigen Erwerb von Firmenanteilen gesichert.

Die NEU Token sind mittlerweile auf verschiedenen Kryptobörsen handelbar. Neben dem Marktwert bietet der Token weitere finanzielle Anreize. Drei Prozent des bei einem ETO eingesammelten Kapitals werden anteilsmäßig an die NEU-Tokenholder ausgeschüttet. Außerdem erhalten die NEU-Besitzer bei eventuellen Ausschüttungen oder einem Exit der teilnehmenden Unternehmen, Anteile als hätten sie 2% ihrer Equity Tokens.

Im Dezember 2018 startete das Projekt das erste ETO. Der Teilnehmer war die Fifth Force GmbH mit dem FTH-Token, der Betreiber der Plattform selbst. Durch den ETO konnten rund 3,4 € eingenommen werden.

Welches Problem löst Neufund?

Ein klassischer Börsengang ist für KMUs extrem zeitaufwändig und kostspielig. Die Blockchain kann diesen Prozess wesentlich vereinfachen. Die ICOs haben gezeigt wie schnell und unkompliziert jeder investieren kann. Doch diese sind wegen mangelnder Regulation vielfach für Betrug Missbraucht worden. Sogenannte Security Token, unter die auch Equity Token fallen, sind reguliert und versprechen ein viel höheres Maß an Sicherheit. Neufund vereint sozusagen die Sicherheit von Wertpapieren mit den Vorteilen, die die Blockchain als Finanzinfrastruktur bietet.

Neufund hat ein paar Partnerschaften für den Sekundärmarkt, also den Handel mit den Equitytoken nach dem ETO in unterschiedlichen Ländern, abgeschlossen. Dazu zählen die Maltesische Börse (MSX), Binance, Bitbay und Blocktrade aus Liechtenstein. Malta und Liechtenstein sind für ihre kryptofreundliche Politik bekannt. Wobei Malta in letzter Zeit etwas in Verruf geraten ist, man sei doch nicht so offen, hieß es in den Medien. Neufund war für Fragen zum aktuellen Status leider nicht zu erreichen.

When ETO?

Im Juni 2018 kündigte Neufund sechs Unternehmen an, die einen ETO auf der Plattform ausführen werden: Brille24, Uniti, mySWOOOP, Next Big Thing, Emflux Motors und Blockstate. Im Dezember folgte eine Ankündigung über vier weitere Anwärter: Air Profile, Agora.Trade, Curf und NGRAVE.

Bislang hat noch keines der Unternehmen ein ETO veranstaltet. Auf eine Anfrage, wie es um den Sachverhalt steht, antworteten nur Brille24 und Uniti. Beide haben das ETO abgesagt. Brille24 wegen der Übernahme durch ein anderes Unternehmen und Uniti, das auf die britische Plattform Crowdcube ausgewichen ist. Die Verzögerungen waren wahrscheinlich ein Anlass dafür. Blockstate soll nach den Aussagen in einem Podcast auch nicht mehr interessiert sein.

Frank Thelens Investmentunternehmen Freigeist Capital zeigt sich optimistisch. Das Unternehmen hat am ETO der Fifth Force GmbH teilgenommen und 15% der Anteile erworben. Neufunds Fokus liege momentan auf der Kenntnisnahme, Reaktion und Optimierung der Probleme des ersten ETOs, so eine Kommunikationsmanagerin auf eine E-Mail Anfrage. Den bislang kostspieligen Prozess des Erstellens der rechtlichen Dokumente wolle man automatisieren und die Eintrittsbarrieren für neue Nutzer, wie den Umgang mit Wallet und Privatekeys, senken. Sie freue sich auf die baldigen Ankündigungen zum Fortschritt in diesen Bereichen, teilte sie zusätzlich mit. Auch die Ankündigung über den Termin der ersten externen ETOs dürfte in naher Zukunft folgen.

Wie steht die Bafin zu dem Thema?

Beim ETO auf der Fifth Force GmbH kam es zu Komplikationen mit der Bafin. So soll Neufund einen Prospekt als Vermögensanleihe ausgelegt haben. Die Bafin hat diesen nicht akzeptiert und die Mindeststückelung musste von 500€ auf 100.000€ angehoben werden, um als Wertpapier zu gelten. Dadurch wurden die Kleinanleger als Investoren ausgeschlossen und Neufund konnte seinem Anspruch, eine eine Crowdfunding Plattform für Kleinanleger zu sein, in diesem Fall nicht nachkommen.

 

Die Bafin unterliegt einer Verschwiegenheitspflicht und äußert sich folglich nicht auf Anfragen zu einzelnen Unternehmen. Allgemein sollen die Emittenten von Wertpapieren im sicheren Rechtsrahmen, den Deutschland bietet, einen Vorteil sehen. Durch von der Bafin gebilligte Prospekte würden die Projekte am Markt ganz anders wahrgenommen werden. Erst kürzlich wurde der erste Token-Wertpapierprospekt mit tokenisierten Schuldverschreibungen gebilligt, so eine Stellungnahme per E-Mail.

Es ist anzunehmen, dass die Bafin in dem noch jungen Bereich, Finanzierung über die Blockchain, äußerste Vorsicht walten lässt. Die mit ETOs verwandten ICOs haben durch viele Betrugsfälle für Unsicherheit bei den Kleinanlegern gesorgt. In erster Linie ist die Bafin dafür da, um die Anleger zu schützen und wird demnach nichts überstürzen.

Kritik

Als Kritiker von Neufund ist in Vergangenheit immer wieder der Investor Sven Schmidt aufgetreten. Ein Podcast, in dem er dem Unternehmen vorwarf ein Schneeballsytem zu betreiben, wurde bald nach dessen Veröffentlichung Anfang August 2018 aus dem Netz genommen. Im Nachhinein distanzierte sich Schmidt zwar von dem Vorwurf, sah aber in dem Konzept weiterhin keinen überzeugenden Verwendungszweck. Der Neumark-Token sei überflüssig und somit sei bis auf die Handelbarkeit der Anteile, kein signifikanter Unterschied zu herkömmlichen Crowdfunding-Plattformen wie Companisto vorhanden. Die Handelbarkeit von Anteilen sei zudem ein Nachteil in der Frühphase eines sich entwickelnden Unternehmens, so Schmidt.

Nach Schmidt sei die adverse Selektion ein Grundproblem des Crowdfundings. Kreditnehmer wenden sich diesem erst zu, wenn sie von Banken, Business Angels, Family Offices oder Risikokapitalgebern, welche im Vorteil zu Crowdfunding stehen sollen, zurückgewiesen wurden. Dies sei in der Regel nicht unbegründet und deute auf ein erhöhtes Risiko hin.

Neben dem angeblich überflüssigen Neumarktoken kritisiert Schmidt die lockeren Auflagen der teilnehmenden Firmen in Sachen Transparenz und Reporting. So sollen die Firmen selbst entscheiden, wann und wie oft sie Finanzberichte vorlegen.

In einem kürzlich veröffentlichten Podcast von “deutsche Startups” wurde darauf hingewiesen, dass der CFO Matthias Menke das Unternehmen verlassen haben soll.

Fazit

Die Idee hinter Neufund ist durchaus eine gute. Durch die Tokenisierung, die die Blockchain möglich macht, können Vermögenswerte einfach und kostengünstig gehandelt und gespeichert werden.

Rechtlich gesehen scheint es noch einige Diskrepanzen zu geben. Das Ziel Neufunds ist es auch für Kleinanleger zugänglich zu sein. Was durchaus unterstützenswert ist, denn es sollen alle die Möglichkeit zum Investieren haben, nicht nur die etwas privilegierteren. Es sind bestimmt auch Kleinanleger in der Lage die Risiken einzuschätzen.

Ein ETO Anwärter teilte uns mit, dass man der Reportingpficht über fixe Termine nachkommen werde. Es gäbe zudem die Möglichkeit jederzeit über den Treuhänder Einblick in die Situation zu erlangen. Auf die Frage warum man sich nicht für Banken und Risikokapitalgeber entschieden habe wurde uns mitgeteilt, dass Banken und Risikokapitalgeber aufgrund der Finanzierungsphase ausscheiden würden. Über Crowdfunding bzw. Crowdinvesting ließen sich nicht die anvisierten Zielgruppen ansprechen oder der Kapitalbedarf abbilden. Man gab sich außerdem optimistisch und meinte, dass es noch Zeit brauche, um in diesem noch jungen Bereich die richtigen rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen. Die Interaktion mit Neufund sei immer transparent und proaktiv gewesen, hieß es.

Die Verzögerungen sind sicherlich ein Problem für Neufund. Die Partner, die auf der Plattform ETOs durchführen wollen, können nicht ewig auf Kapital warten. Zeit verschlingt Geld.

Im Podcast von “deutsche Startups” wird eine baldige größere Ankündigung seitens Neufund erwähnt. Dies würde sich mit den Aussagen seitens Freigeist Capital decken. Man darf gespannt sein, ob es im heiklen rechtlichen Teil einen Durchbruch gibt und wann das nächste ETO stattfindet oder ob Neufund, neben von Floerke, eine weitere Fehlinvestition von Frank Thelen sein wird. Denn für Großinvestoren ist der Kapitalabsatzmarkt mehr als gedeckt.

 

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Lukas Mantinger
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Lukas Mantinger

Lukas ist Journalist und Fachmann im Blockchainbereich. Er befasst sich seit vielen Jahren mit dem Thema, verfasst täglich Berichte und Reportagen. Er ist immer auf dem Laufenden und vor allem Experte, wenn es um technische Fragen geht.

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