CryptoTicker









Tokenisierung von Realwelt Assets (RWAs). Das nächste große Ding?

In diesem Artikel erfährst du alles zum Thema Tokenisierung von Real Welt Assets auf der Blockchain und dem Zukunftspotenzial.

Lukas Mantinger

Lukas Mantinger

November 15, 2023 5:27 PM

Tokenisierung von Realwelt Assets (RWAs). Das nächste große Ding?

Es herrscht wieder Aufbruchstimmung am Kryptomarkt. Die Preise haben sich erholt und alles schaut danach aus, dass der Bärenmarkt vorüber ist. Durch die positive Stimmung fangen sich viele an zu fragen, was die treibenden Narrative des nächsten großen Bullenmarktes sein werden.

Eines der starken Narrative im Bullenmarkt von Ende 2020 bis Ende 2021 waren die “dezentrale Finanzen”, abgekürzt DeFi. Eine gängige Methode, um Kapital anzuziehen, war dabei das sogenannte Liquiditätsmining. Investoren, die Liquidität zur Verfügung stellten, wurden mit dem Token des Projekts belohnt. Besonders für die Früheinsteiger lockten satte Zinsen. Die Projekte sprossen wie Pilze aus dem Boden, verschwanden dann aber genauso schnell wieder als der Zenit der Profite überschritten war. Kurz gesagt, die Lebensdauer bzw. die Nachhaltigkeit dieser Projekte hielt sich stark in Grenzen. Leider war dieses Segment im DeFi-Bereich dominant und DeFi wurde generell stark mit diesen kurzlebigen Hype-Projekten assoziiert. Eine Blockchain reservierte sich den aufgebauschten Begriff sogar in seiner Namensgebung (DeFichain). Die Bilanz: schnelle Kapitalzuflüsse gefolgt von schneller Kapitalaustrocknung mit wenig gebliebenem langfristigen Nutzen.

Tokenisierung von RWAs geht einen anderen Weg

Ein Bereich in DeFi, der bislang nachhaltiger unterwegs war, ist die Tokenisierung von Realwelt-Assets. Dabei geht es, wie der Name schon sagt, um das Tokenisieren von Vermögenswerten auf der Blockchain. Diese Vermögenswerte können alles Mögliche sein. Die Tokenisierung geht von Immobilien, Fahrzeugen, Liegenschaften, Kunstgegenständen, Sammlerstücken über Währungen, Aktien, Staatsanleihen und anderen Finanzinstrumenten hin bis zu CO₂-Zertifikaten oder sogar Menschen. Das Kapital in diesem DeFi Segment hat vergleichsweise langsam aber stetig zugenommen, was für eine gesunde Entwicklung spricht.

Die Vorteile von Tokenisierung auf Blockchains

Durch die Tokenisierung von Assets kann vor allem Liquidität geschaffen werden. Das Konzept ermöglicht das symbolische Aufteilen größerer Einheiten, wie z. B. Häuser, auf x-beliebig viele Scheine und damit Teileigentum. Blockchains sind im Gegensatz zu zentralen Finanzmarktplätzen auf der ganzen Welt rund um die Uhr verfügbar. Auch einfache Kleinanleger können, falls sie über einen Internetanschluss verfügen, jederzeit handeln und ihre Token weitergeben. Neue Technologien wie automatische Marktmacher (Automated Market Makers / AMM) vereinfachen den Handel und senken die Infrastrukturkosten signifikant. Die Einbindung von Token in eine dezentrale Blockchain gestaltet sich zudem wesentlich einfacher als die Ausgabe von Anteilscheinen auf bestimmten Handelsplätzen. Zudem sind Blockchains transparent und jeder kann den Handel nachvollziehen. Damit wirkt man der Möglichkeit von Manipulation entgegen. Die Ausgabe der Token erfolgt zwar über zentrale Instanzen, der Handel und die Verwahrung jedoch dezentral.

Beispiel eines tokenisierten RWA

Wir zeigen an einem Beispiel die Einfachheit und Kosteneffizienz von Tokenisierung auf der Blockchain: ein Unternehmen tokenisiert Immobilien auf der Ethereum Blockchain. Dafür sammelt es über die Ethereum Blockchain Kapital ein und kauft damit Immobilien. Ein Wohnhaus im Wert von 500.000 € wird z. B. in 10.000 Token aufgeteilt, mit einem Wert von 50 € pro Token. Das Unternehmen verwaltet das Haus und kassiert dafür 10 % der Miete. Eine Mieterfamilie zieht für einen Mietpreis von 1.600 € in das Haus ein. Die Tokenhalter bekommen monatlich 0,144 € pro Token über die Blockchain ausgeschüttet (140 € bekommt das Unternehmen, 1440/10.000 = 0,144). Es besteht die Möglichkeit, den Token auf einer dezentralen oder zentralen Börse zu handeln bzw. weiterzugeben.

Die Vorteile liegen auf der Hand. Ein Smart Contract, welcher die nötigen Funktionen bietet, ist schnell und günstig auf einer Smart Contract-fähigen Blockchain implementiert. Auf jeder Smart Contract Plattform gibt es dezentrale Handelsplätze, welche über Standardschnittstellen verfügen, um den Token im Handumdrehen einbinden zu können. Wechselt ein Token Besitzer, verteilt die Smart Contract Logik die Mieterträge ohne weiteres Zutun automatisch an diesen.

Ein kurzer Abstecher in die Geschichte von tokenisierten RWAs

Die Idee der Tokenisierung von RWAs gab es bereits vor dem Erscheinen der Blockchains. So kann man die in den 1990er Jahren erschienen ETFs z.B. als tokenisierte RWAs ansehen. Ein anderes Beispiel ist das klassische Äquivalent zu unserem Beispiel oben, die Real Estate Investment Trust (REIT) oder Immobilienfonds. Ebenso kann man die Anfänge des Geldsystems als Tokenisierung betrachten. Die Bürger machten ihre Goldeinlagen in Banken und bekamen dafür Schuldscheine. Das Gold wurde tokenisiert, sozusagen.

Erste Tokenisierungen auf Bitcoin

Ab 2010, nachdem Bitcoin das Licht der Welt erblickt hatte, machte man sich erste Gedanken, die Blockchain für Tokenisierung zu verwenden. Sogenannte Colored Coins erlaubten es auf Bitcoin eigene Coins zu generieren, die alles Mögliche darstellen können. 2014 startete man das Omni-Protokoll auf Bitcoin, das von Tether, dem ersten Stablecoin auf eine Währung (US-Dollar), genutzt wurde. Seitdem können Nutzer bei dem Unternehmen Tether über das klassische Bankensystem US-Dollar einlegen und bekommen im Gegenzug USDT-Token im selben Wert auf die Blockchain ausgeschüttet. Einen USDT Token kann man zu jeder Zeit bei Tether wieder gegen 1 US-Dollar eintauschen.

Das Erscheinen von Smart Contract Plattformen

2014 wurde ebenso die erste Blockchain gestartet, welche RWAs synthetisch darstellte. Synthetische Assets auf der Blockchain funktionieren meist wie folgt, der Systemcoin wird als Sicherheit hinterlegt. Diese Sicherheit übersteigt den Wert des Basistokens, der dann erzeugt und ausgegeben wird. Sinkt der Wert der hinterlegten Sicherheit auf ein bestimmtes Niveau, kann man den ausgegebenen Token gegen die Sicherheit tauschen, wobei der Token wieder aus dem Verkehr gezogen wird. So hält sich der Preis des ausgegebenen Tokens zum Realweltpreis stabil. Es entstehen bei der synthetischen Abbildung des Preises gewisse Risiken, wenn der Markt sich zu volatil verhält. Der Terra-Luna Crash 2022 oder der Crash der MakerDAO 2020 sind Beispiele dafür.

Die Tokenisierung auf Bitcoin gestaltete sich wegen seiner gewollten Limitierungen aus technischer Sicht kompliziert und aufwändig. 2015 kam dann mit Ethereum die erste Smart Contract Blockchain in die Welt, welche sich durch ihre turingvollständige Programmierbarkeit für das Tokenisieren perfekt eignete. Es folgten weitere programmierbare Blockchains, wobei die Skalierbarkeit stetig zu nahm.

Standardisierung

Die Standardisierung der Protokolle wie z. B. ERC-20 oder ERC-721 war ein weiterer Meilenstein für das massenhafte Tokenisieren auf Blockchainbasis. Ab da war es möglich, Token schnell und einfach zu generieren und an die Handelsinfrastruktur anzubinden bzw. Liquidität zu schaffen. Dies führte 2017-2018 zum ICO-Hype (Initial Coin Offering). Viele Unternehmen betrieben über die Möglichkeit des Tokenisierens auf Blockchain Gruppenfinanzierungen für ihre Projekte, indem sie Token ausgaben, die der Investor in der Hoffnung von künftigen Preiszuwächsen kaufte. Schon bald stellte sich heraus, dass mit den ICOs sehr viel Schindluder betrieben wurde.

Die Anzahl der Betrugsfälle war besonders hoch. Es traten schließlich Regulierungsbehörden auf den Plan und nach dem Abklingen des Hypes verloren Investoren das Vertrauen in die unregulierten ICOs. Bereits zu dieser Zeit tauchte der Begriff STO (Security Token Offering) auf. STOs sind tokenisierte Assets, die reguliert sind. In der Blockchainwelt versprach man sich viel vom damals neuen Konzept der STOs, doch die Mühlen der Bürokratie mahlen langsam und es kam zu jahrelangen Verzögerungen seitens der Regulatoren, was die Projekte ausbremste. Dazu später mehr.

Das Potenzial von RWA Tokenisierung

Die US-amerikanische Unternehmensberatungsfirma Boston Consulting Group (BCG) hat im letzten Jahr einen Bericht veröffentlicht, indem sie die Tokenisierung von RWAs unter die Lupe nimmt. Im Bericht heißt es, dass laut Schätzungen tokenisierte Assets bis zum Jahr 2030 ein Volumen von 16,1 Billionen US-Dollar erreichen könnten. Optimistischste Vorhersagen belaufen sich sogar auf 68 Billionen US-Dollar. Das wäre ein Wachstum von ungefähr 2.583 % oder 11.233 %

Im Bericht findet sich auch eine im Jahr 2021 durchgeführte Umfrage seitens Deloitte unter Unternehmen und deren Einstellung zu dieser Technologie. Dabei zeigt sich, dass bereits viele Unternehmen die Vorteile von RWA Tokenisierung erkennen und mit dem Gedanken spielen in absehbarer Zeit diese Technologie zu nutzen.

Die Herausforderungen der tokensierten RWAs

Während das Interesse bzw. die Nachfrage nach tokenisierten RWAs offensichtlich wachsen, sieht sich die Industrie aktuell mit Probleme konfrontiert, die erst überwunden werden müssen. Die aktuellen Herausforderungen der Tokenisierung sind grob zusammen gefasst Regulierung, Technik und Markt.

Regulierung von Tokenisierung

Wie bereits geschrieben, ist die Regulierung von Tokenisierung auf der Blockchain eine große Herausforderung. Es ist neu, dass Nutzer ohne Mittelsmann die Token selbst verwahren und weitergeben können. Obwohl man dadurch eine noch nie da gewesene Transparenz erreicht, sind die Kontrollmöglichkeiten eingeschränkt. Die Blockchainadressen selbst sind anonym und müssen erst einer Identität zugeordnet werden. Es stellen sich Fragen wie was passiert bei Hackerangriffen oder Diebstahl von privaten Schlüsseln?

Die Regulierung einer so bahnbrechenden Innovation wie der Blockchain braucht leider Zeit. Während die Innovatoren bereits komplette Lösungen präsentieren, stecken vernünftige regulatorische Rahmenbedingungen seitens der Aussichtsbehörden noch ganz am Anfang. Dies hat bereits zu herben Rückschlägen einiger Projekte mit guten Ideen geführt. So hat z. B. das Berliner Startup Neufund, das unter anderem von Frank Thelens Freigeist Capital unterstützt wurde, 2020 das Handtuch geworfen. Die Aufsichtsbehörde des größten Finanzmarktes der Welt, die US-amerikanische SEC hat viele nicht regelkonforme Projekte in die Schranken gewiesen aber es bislang nicht geschafft klare Regeln vorzugeben, was viele Projekte ins Ausland vertrieben hat.

In der Zwischenzeit hat sich allerdings einiges getan und verschiedene Rechtsräume auf der Welt bieten regulatorische Rahmenbedingungen für die Ausgabe regulierter Token auf der Blockchain. In Europa trat im Juni 2023 mit MiCA ein Regelwerk in Kraft, welches Rechtssicherheit im Umgang mit Kryptowerten und tokenisierten RWAs bieten soll. Diesen relativ jungen Vorstoß sollte schon bald am Wachstum von tokenisierten RWAs in Europa erkennbar sein.

Ebenso zeigt Asien Fortschritte in der Regulierung. China hat den Handel mit klassischen Kryptowährungen als auch das Mining erheblich eingeschränkt, während es mit der Tokenisierung von RWAs deutlich offener umgeht und Wege zu finden versucht, die Technologie zu nutzen. Mittlerweile gibt es auch in China solide regulatorische Rahmenbedingungen für die Tokenisierung. Hongkong hat bereits Staatsanleihen tokenisiert. Aus Singapur, Thailand und Japan kommen positive Nachrichten, was das Thema Regulierung von RWAs angeht. Dort finden sich viele Startups in dem Bereich.

Technologie der Tokenisierung

Die hohe Nachfrage nach tokenisierten RWAs wird leistungsfähige Blockchains verlangen. Ein Problem von Blockchains ist, dass sie im Gegensatz zu zentralisierten Lösungen langsamer sind. Zudem ist die Handhabung der notwendigen privaten Schlüssel nicht immer intuitiv. Diesen Problemen wird bereits erfolgreich begegnet. Es gibt immer schnellere Blockchains und mit den Zwei-Schicht-Lösungen (Second Layer) werden bereits langsamere Systeme wie Ethereum skaliert. Wallets für Endnutzer werden übersichtlicher gemacht und die Vorgänge abstrahiert, sodass der Nutzer mit den privaten Schlüsseln kaum noch in Kontakt kommt.

Markt

Eine Herausforderung ist, den Markt für RWAs bzw. Liquidität zu schaffen. Diesbezüglich gab es in der Vergangenheit einige Rückschläge. Einige Pioniere in tokenisierte RWAs schafften es nicht genügend Käufer und Verkäufer zu finden, was zeigte, dass Tokenisierung allein nicht genügte, um die Liquiditätsprobleme zu lösen. Auch hatten katastrophale Großereignisse wie der Mt. Gox Hack oder der DAO Hack auf Ethereum einen indirekten negativen Einfluss auf den Ruf der Kryptowerte und damit der tokenisierten RWAs. Die Liquiditätsprobleme verbessern sich mit dem Aufschwung der tokenisierten RWAs laufend und auch die Blockchain Technologie hat sicherheitsmäßig von den Fehlern gelernt und ist gereift.

Fazit

Tokenisierte RWAs haben, wie gezeigt, großes Potenzial und könnten der nächste Treiber für einen Bullenmarkt im Kryptomarkt sein. Durch die Fortschritte, vor allem in der Regulierung, besteht die Möglichkeit, dass Blockchains endlich ihre schon lange versprochenen Fähigkeiten und Vorteile voll entfalten und Massenadoption herbeiführen können. Das Narrativ ist mit einem erwarteten Volumen von rund 16 Billionen US-Dollar bis 2030 eines der stärksten aktuell im Kryptomarkt. Es lohnt sich allemal, den Sektor im Auge zu behalten.

Lukas Mantinger
Artikel Von

Lukas Mantinger

Lukas ist Journalist und Fachmann im Blockchainbereich. Er befasst sich seit vielen Jahren mit dem Thema, verfasst täglich Berichte und Reportagen. Er ist immer auf dem Laufenden und vor allem Experte, wenn es um technische Fragen geht.

Neueste Artikel auf Cryptoticker

Alle anzeigen

Regelmäßige Updates zu Web3, NFTs, Bitcoin & Preisprognosen.

Bleibe auf dem Laufenden mit CryptoTicker.