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Aufstand am Aktienmarkt – Privatanleger zwingen das Finanzsystem in die Knie – Eine Erklärung

Es ist der 28 Januar und das Finanzsystem taumelt. Privatanleger werden reich, indem sie durch ihre schiere Masse große Hedgefonds an den Rande des Ruins führen. Die beliebteste Trading App der Vereinigten Staaten von Amerika schreitet ein, um Nutzern den […]

Lukas Mantinger

Lukas Mantinger

January 28, 2021 9:26 PM

Aufstand am Aktienmarkt – Privatanleger zwingen das Finanzsystem in die Knie – Eine Erklarung

Es ist der 28 Januar und das Finanzsystem taumelt.

Privatanleger werden reich, indem sie durch ihre schiere Masse große Hedgefonds an den Rande des Ruins führen. Die beliebteste Trading App der Vereinigten Staaten von Amerika schreitet ein, um Nutzern den Kauf von bestimmten Aktien zu verbieten. Schreie nach Marktmanipulation zu Gunsten der Hedgefonds werden laut.

“Schuld” daran sind tausende zockende Robinhood Nutzer, welche sich über Wallstreetbets zum gemeinsamen Aktienkauf verabredet hatten, um reiche Hedgefonds zu einem Short Squeeze zu zwingen.

Du verstehst nur Bahnhof? Wir klären dich auf was passiert.

Was ist Robinhood?

“Den Reichen nehmen und den Armen geben” – lautet das Motto des legendären Gesetzlosen “Robin Hood”. Dieser bestahl einer englischen Sage nach reiche Edelmänner und verteilte den Schatz unter den armen Teilen der Bevölkerung.

Robin Hood trieb sein Unwesen der Sage nach im 15ten Jahrhundert. 600 Jahre später ging eine neue, namensgleiche Trading-App an den Start: “Robinhood”. Der Name war mit bedacht gewählt, wollte man doch Trading für die Massen attraktiv gestalten.

Um den Einstieg in den Aktienmarkt für Privatanleger zu erleichtern wurde das vorher oft kostspielige Investieren in Aktien kostenlos gestaltet und als Spiel dargestellt. Die Idee kam gut an und die App wurde in kürzester Zeit zu einer der beliebtesten Trading Apps in den USA.

Deutsche Anleger werden Robinhood jedoch kaum kennen. Das Unternehmen agiert aktuell nicht in Deutschland. Man kann sich Robinhood jedoch in etwa so vorstellen wie die hierzulande beliebte Trading-App “Trade Republic” auf Steroide.

Jedoch kam diese Beliebtheit mit Konsequenzen: Sie machte Privatanleger süchtig – nach dem schnellen Reichtum.

Was ist Wallstreetbets?

Die Website Reddit.com zählt zu den größten Onlineforen der Welt. Auf Reddit gibt es zu fast jeden Thema ein von der Community verwaltetes Unterforum (Sub-Reddit). Es gibt Subreddits über so ziemlich jedes Hobby, vom Gärtern bis hin zum Investieren.

Wallstreetbets (WSB) ist eines dieser Subreddits. Bei Wallstreetbets geht es wie der Name schon andeutet um das Investieren in Aktien. Der Name leitet sich von der Wallstreet (bekannte Straße im Finanzdistrikt von New York City) und “bets”, also Wetten, ab. Wetten an der Wallstreet also. Und der Name ist Programm. Fast täglich tauschen sich tausende von Privatanleger (oft ohne nennenswerte finanzielle Bildung) über ihre neuen Geheimtipps aus, welche Aktien bei Robinhood gekauft und verkauft werden sollten um maximalen finanziellen Profit zu machen.

Dabei nehmen sich die Nutzer mal mehr mal weniger ernst. Sie bezeichnen sich oft als “degens” (frei übersetzt: “Gestörte”), “madlads” (“Irre”), und “autists” (“Autisten”). Das ganze Forum ist sehr “meme-basiert” und sehr beliebt in der Community sind riskante Optionsgeschäfte. Diese bezeichnen sie oft scherzhaft auch als “YOLO-Trades”, also “man lebt nur einmal Trades”, entweder man wird reich oder verliert alles. Ein Zock eben, der mit “klassischen Investieren” nicht mehr viel am Hut hat.

Mittlerweile umfasst das Forum 5 Millionen Mitglieder. Doch auch im deutschen Pendant “Mauerstrassenwetten” sind bereits 43.000 Mitglieder beigetreten.

So wild zockt Wallstreetbets auf Robinhood

Was machen nun 5 Millionen Zocker auf einer Aktien-App? Man kann es sich denken. Zocken wie degens. Es werden Optionen gekauft, Aktien gehebelt und riesige Verluste und Gewinne eingefahren. Manche Nutzer verlieren all ihr Geld, andere werden unfassbar reich.

Durch das gegenseitige Befeuern schaukeln sich die Nutzer immer weiter hoch, was an sich erstmal für Robinhood keine schlechte Sache ist. Man wollte schließlich den Privatanlegern die Möglichkeit zum Investieren geben und bei jedem Handel verdient Robinhood mit.

Robinhood ist jedoch nicht perfekt. So fanden WSB Nutzer im November 2019 heraus, dass Robinhood einige Programmierfehler beinhaltete, welche es erlaubten einen “unendlichen Hebel” zu nutzen. Dadurch konnte man theoretisch nach einer Einzahlung von 3000 $ mit einen Volumen von 1.7 Millionen $ handeln. Theoretisch? Nein. Es wurde auch praktisch von WSB Nutzern umgesetzt. WSB nannte den Programmierfehler liebevoll “Infinitemoneyglitch”. Also Programmierfehler, welcher (wie in einem Videospiel) erlaubt unendlich viel Geld zu haben. Wir berichteten.

Nur ist Robinhood kein Videospiel, sondern an den echten Aktienmarkt angebunden. Was bei dem “spieleartigen” Anlegen innerhalb der App gerne vergessen wird.

So kam es regelmäßig zu weiteren Vorfällen mit Robinhood.

Was ist ein Shortsqueeze?

Im Aktienmarkt kann man Aktien kaufen (long gehen). Wenn der Aktienwert steigt verdient man. Man kann aber auch Aktien verkaufen, welche man gar nicht besitzt (short gehen) und diese zu einen späteren Zeitpunkt kaufen. Wenn man “short geht” verdient man dann, wenn Aktienkurse fallen.

Beim “long” gehen sind die Gewinne nicht gedeckelt (eine Aktie kann sich im Wert vervielfachen). Die Verluste sind aber auf 100% (Totalverlust) beschränkt.

Beim “short” gehen verhält es sich jedoch genau andersherum. Die Gewinne sind auf 100 % gedeckelt und die Verluste sind potentiell nicht gedeckelt.

Und genau hier wird es spannend. Denn beim shorten verkauft man Aktien, die man gar nicht besitzt. Man muss diese jedoch wieder zu einen späteren Zeitpunkt einkaufen.

Wenn der Aktienkurs fällt ist für den Shorter alles in bester Ordnung. Man verkauft eine Aktie für 100 €, wartet bist der Kurs fällt (zum Beispiel auf 80 €), kauft die Aktien dann und streicht 20 € Gewinn ein. Sollte der Kurs auf 120 € steigen, macht der Shorter jedoch 20 € Verlust. Angenommen der Kurs steigt jedoch plötzlich sehr stark an, auf 300 € würde der Shorter 200€ Verlust machen (also eigentlich mehr als er eingezahlt hatte). Es werden daher meistens Sicherheiten benötigt um der Börse zu garantieren, dass man im Notfall die Positionen auch bei einen starken Preisanstieg zurückkaufen könnte.

Steigt der Preis zu stark wird die Handelsplattform einen rechtzeitigen Rückkauf der Aktien von diesen Sicherheiten erzwingen, um sich selbst abzusichern. Das funktioniert meistens problemlos und für große Hedgefonds sind diese Sicherheiten normalerweise gar kein Problem. Es sind Milliarden von Dollars vorhanden um unbesorgt short zu gehen.

Problematisch wird es nur dann, wenn der Preis super stark in kurzer Zeit ansteigt und dieser automatische Rückkaufmechanismus ausgelöst wird, obwohl niemand die Aktie verkaufen möchte. Dann schnellt der Preis sehr schnell in windige Höhen, es kommt zu einem “Squeeze”.

Der Shorter muss Aktien kaufen um Verluste zu begrenzen. Es sind jedoch keine Aktien auf dem Markt vorhanden. Dennoch muss der Shorter zurückkaufen – “koste es was es wolle” und jeden Preis akzeptieren um seine Verluste zu begrenzen.

Dadurch, dass der Shorter jedoch Aktien aufkauft “verschlimmert” er das Problem, denn das Angebot wird mit jeden Aufkauf noch geringer und die Preise steigen weiter. Der Shorter befindet sich in einer sehr unangenehmen Situation, in einer Spirale des Verlustes.

Diese Shortsqueezes sind sehr selten. In Deutschland bekannt ist vor allem der VW Shortsqueeze aus dem Jahr 2008.

Redditnutzer treiben Hedgefonds in den Shortsqueeze

Doch nun zur jetzigen Situation. Es ist wieder einmal WSB und es ist wieder einmal Robinhood. Und diesmal wird es persönlich.

Nutzer von WSB entdecken das Unternehmen GameStop für sich. Ein Unternehmen, welches eine Einzelhandelskette betreibt, in der es Videospiele an den Mann bringt. Der florierende Onlinehandel hat dem Unternehmen laufend Marktanteile abgerungen. Die Aktie verlor seit 2007 stetig an Wert und fiel von damals 65 $ auf 3 $ im April 2020. Dann erfolgte eine kleine Rallye auf 20 $. Analysten sahen jedoch wegen der Schwierigkeiten rot für die Aktie, was Shortseller auf den Plan rief, welche Verkaufsempfehlungen abgaben.

Große Investmentfirmen wie Melvin Capital oder Citron Research führten Leerverkäufe mit GME durch. Wir erinnern uns, ein Leerverkauf ist der Verkauf einer Aktie, die man nicht selbst besitzt, sondern geliehen hat. Ziel ist es die Aktie später günstiger zurückzukaufen und von der Differenz zu profitieren. Es gibt natürlich ein Risiko bei der Aktion, steigt der Preis der Aktie ist der Leerverkäufer gezwungen diese zurückzukaufen bevor der Verlust seinen Kapitalrahmen sprengt. Muss er dies mit großem Kapital tun, treibt er dabei den Preis nach oben, was andere Shorter in die Dynamik reinreißt.

Die Redditnutzer des Subreddits WallStreetBets störten sich an der Zockerei der Investmentfirmen und sagten ihnen den Kampf an, indem sie den Preis durch Käufe so weit nach oben treiben wollten bis die Unternehmen in einen Shortsqueeze gefangen wären.

Und auf Grund der Masse der WSB Nutzer stieg der Preis auch deutlich an. Es entwickelte sich eine regelrechte Schlacht zwischen den Redditnutzern und den Hedgefonds. Vor gut einer Woche twitterte Citron Capital das Folgende:

Tomorrow am at 11:30 EST Citron will livestream the 5 reasons GameStop $GME buyers at these levels are the suckers at this poker game. Stock back to $20 fast. We understand short interest better than you and will explain. Thank you to viewers for pos feedback on last live tweet

Morgen früh um 11:30 EST wird Citron per Livestream 5 Gründe nennen, warum GameStop $GME-Käufer Trottel bei diesem Pokerspiel sind. Die Aktie wird schnell zurück auf 20 $ fallen. Wir verstehen das Short-Geschäft besser als ihr und werden es erklären. Vielen Dank an die Zuschauer für das positive Feedback auf unsere letzten Live-Tweets

Dieser Tweet motivierte die Redditnutzer umso mehr. Sie kauften immer weiter hinzu um die Hedgefonds in den Shortqueeze zu treiben. Der starke Kursanstieg schlug Wellen und auch weitere Investoren starteten Geld in GameStop zu investieren. Die Medien wurden aufmerksam und die Revolution des kleinen Manns wurde zum Selbstläufer. Kurzzeitigen hatten wohl mehr als 50 % der Robinhood-Nutzer GameStop Aktien im Depot.

Sogar Elon Musk hatte sich über Twitter zu Wort gemeldet, indem er einen Link zum Subreddit postete. Seitdem zog der Kurs noch einmal kräftig an.

Es kam wie es kommen musste. Die großen Investmentfirmen verloren den Krieg gegen die schiere Masse an Zockern und der Short Squeeze ereignete sich.

Melvin Captial war damit am Ende und bekam von den Investmentfirmen Citadel und Point72 sogar 2,75 Mrd. $ geliehen, um einen Bankrott abzuwenden. Den Schaden, den die Kleinanleger für die Hedgefonds verursachten, ist beachtlich. Melvin soll nach Angaben von CBDC am Dienstag seine Position geschlossen haben. Die Anleger profitierten stark davon und verdienten teilweise Millionen von Dollar selbst bei geringen Investments.

Der Kurs überstieg kurzzeitig sogar 480 $.

Zensurwelle erschüttert das Internet

Robinhood hatte nun endlich erreicht was Robin Hood wollte. Es den Reichen nehmen und den Armen geben – sollte man meinen. Doch Robinhood zog die Reißleine und entfernte einfach den “Kaufen”- Knopf für die GameStop Aktie (und für einige weitere beliebte WSB Aktien) aus der App. Damit wird die freie Entwicklung des Preises natürlich eingeschränkt. Der Kurs von GME erlebte in den letzten Stunden heftige Rücksetzer. Es kursieren auch (unverifizierte) Screenshots die zeigen, dass Nutzer gegen ihren Willen gezwungen werden ihre Positionen zu verkaufen.

Damit hatte sich Robinhood ganz klar nicht für den kleinen Privatinvestor eingesetzt sondern für die großen Hedgefonds. Man könnte meinen es gäbe zwei Spielregeln: Privatanleger haben Pech, wenn sie sich verzocken und Hedgefonds erhalten Bailouts. Die Reichen müssen reich bleiben, die Privatanleger sollen arm bleiben.

Dies gefiel den WSB Nutzern natürlich nicht. Aktuell wird daher auf WSB sehr stark darüber diskutiert, ob man Robinhood für Marktmanipulation verklagen könnte. Auch die ersten Politiker äußerten sich bereits, dass der Fall untersucht werden müsse. Innerhalb weniger Stunden fiel zudem die App-Bewertung auf nur 1 Stern, als mehrere tausende negative Bewertungen für die App in den Appstores eingingen. Der Wikipedia-Eintrag wurde kurzzeitig vandaliert und #DelteRobinHood trendet auf Twitter.

This is unacceptable.

We now need to know more about @RobinhoodApp’s decision to block retail investors from purchasing stock while hedge funds are freely able to trade the stock as they see fit.

As a member of the Financial Services Cmte, I’d support a hearing if necessary. https://t.co/4Qyrolgzyt

Die deutsche App Trade Republic folgte dem Beispiel von Robin Hood und lies per E-Mail verkünden, dass auch sie den “Kaufen Button” für bestimmte Aktien entfernen werden.

Keine weitere Annahme von Kauf-Orders für bestimmte Aktien

Wie Du unter Umständen mitbekommen hast, kommt es gerade zu vermehrten Käufen und extrem hoher Volatilität in normalerweise weniger liquiden Aktien. Wir bei Trade Republic glauben an die Märkte und ihre Kraft sich selbst zu regeln. In den letzten Tagen hat sich jedoch eine beispiellose Situation ergeben: Laut Presseberichten sind die Aktien GameStop Corp., AMC Entertainment Inc., BlackBerry Limited, Nokia Corp., Express Inc. sowie Bed Bath & Beyond Inc. anscheinend aktuell Gegenstand von heftigen, koordinierten Kursspekulationen. Wegen der damit verbundenen Risiken für Dich nehmen wir bis auf weiteres keine neuen Aufträge zum Kauf dieser Aktien an.

Künftige DeFi-Anwendungen hätten theoretisch das Potential Zensur dieser Art zu unterbinden.

Nun Kursexplosion bei Dogecoin an der Reihe?

Der Twitternutzer “WSBChairman” (selbsternannter Vorsitzender von WSB), hat vor wenigen Stunden einen Tweet abgesetzt, in dem er die Frage stellt, ob die Meme-Kryptowährung Dogecoin jemals bei 1 $ war.

Has Doge ever been to a dollar?

Seitdem steigt der Kurs rasant. In den letzten 24 Stunden konnte an der Spitze ein Plus von über 200 % erreicht werden. Obwohl sich das Konto als Parodiekonto ausgibt, scheint es großen Einfluss zu haben. Auffallend ist die extrem steigende Gefolgschaft des Kontos seit den Ereignissen um GameStop. Bei GameStop gab es den Ansporn den Hedgefonds einzuheizen, beim Dogecoin Fall scheint es sich rein um Pump & Dump wegen erhoffter Kursgewinne zu handeln.

Dogecoin war in der Vergangenheit öfter für Pump & Dump hergenommen worden. Unter anderem wurden Preisbewegungen von Tweets von Elon Musk ausgelöst.

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Lukas Mantinger

Lukas ist Journalist und Fachmann im Blockchainbereich. Er befasst sich seit vielen Jahren mit dem Thema, verfasst täglich Berichte und Reportagen. Er ist immer auf dem Laufenden und vor allem Experte, wenn es um technische Fragen geht.

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