Tether: Binance und Kraken nutzten den selben Zahlungsdienstleister

Es war die Meldung der letzten Woche. Ein lange heraufbeschwörtes, lange herbeiersehntes Ereignis ist eingetreten. Die Tatsache, dass Tether nicht ausschließlich mit liquiden Dollar gedeckt ist, wurde zuerst durch eine Änderung auf der Webseite von Tether angedeutet und dann durch […]

Lukas Mantinger

Lukas Mantinger

December 22, 2022 6:20 PM

Tether: Binance und Kraken nutzten den selben Zahlungsdienstleister

Es war die Meldung der letzten Woche. Ein lange heraufbeschwörtes, lange herbeiersehntes Ereignis ist eingetreten. Die Tatsache, dass Tether nicht ausschließlich mit liquiden Dollar gedeckt ist, wurde zuerst durch eine Änderung auf der Webseite von Tether angedeutet und dann durch die New Yorker Staatsanwaltschaft bestätigt. Die Reaktionen gaben dem Begriff FUD eine neue Dimension.

Chronologie der Tether Vorfälle

Bitfinex gehört schon lange zu den größten Fiatgateways in der Kryptowelt, sprich, sie nehmen verschiedene nationale Währungen an, um den Tausch mit Kryptowährungen auf der Exchange zu ermöglichen. Dafür brauchen sie eine Bank, auf die man das Buchgeld transferieren kann. Bis zuletzt nutzte Bitfinex dazu den Crypto Capital Finanzdienstleister mit Sitz in Panama. Seit letzten November hat Bitfinex Probleme auf 850 Mio. $, die bei Crypto Capital gelagert sind, zuzugreifen. Crypto Capital sagt, dass die Gelder in verschiedenen Ländern wie Portugal, Polen und den USA vorübergehend festgehalten werden. Die Staatsanwaltschaft New York sagt, dass Bitfinex die Kontrolle über die Gelder verloren habe.

Wie dem auch sei, Bitfinex war gezwungen etwas zu unternehmen, um seine Kunden bedienen zu können. Um weiterhin liquide zu sein und das Geschäft aufrecht zu erhalten, hat man sich mit Tether auf einen Kredit geeinigt. Bitfinex und Tether gehören zur selben Dachgesellschaft iFinex. Der Kredit umfasste 900 Mio. $ zu einem Zinssatz von 6,5% pro Jahr. Am Ende wurden 625 Mio. $ Fiat von Tethers Deltec (Bank) Bankkonto zu Bitfinex Deltec Bankkonto transferiert und 625 Mio. $ von Bitfinex Crypto Capital Bankkonto zu Tethers Crypto Capital Bankkonto. Wie Crypto Capital plötzlich die Gelder aufwenden konnte ist unklar. Wahrscheinlich war es nur ein Eintrag im Kassenbuch der Bank, die Gelder bleiben weiterhin gefroren, nur die Rollen wurden getauscht. Jetzt hat Tether die gefrorenen illiquiden Mittel und Bitfinex die liquiden. Auf jeden Fall ist die Bilanz für Tether wieder gleich Null.

Die New Yorker Staatsanwaltschaft weißt darauf hin, dass Bitfinex den Deal hätte veröffentlichen sollen und dass die Investoren angelogen worden seien. Man wolle die Börse nicht herunterfahren sondern fordere lediglich zu mehr Transparenz auf. (Erklärung Video, englisch)

Auch andere Krypotbörsen nutzten Crypto Capital

In einem Bericht von decryptmedia geht hervor, dass auch andere renommierte Kryptobörsen wie Kraken oder Binance in Vergangenheit mit Crypto Capital zusammenarbeiteten.

Es ist ein großes Problem für die Kryptobörsen Banken zu finden, die den Zahlungsverkehr für sie abwickeln. Der Grund warum Banken die Zusammenarbeit ablehnen, ist die Angst, dass sie mit Geldwäsche in Verbindung gebracht werden könnten. Nur wenige Kryptobörsen, wie Coinbase mit einem Konto bei der Barclays Bank, haben es geschafft mit bekannten Großbanken zusammen zu arbeiten. Die anderen müssen sich eben mit Anbietern wie Noble Bank und Crypto Capital zufriedengeben.

Um Misstrauen zu vermeiden, hat Crypto Capital seine Verbindungen zum Kryptomarkt verschwiegen und bei bekannten Banken Bankkonten eröffnet. Ein Artikel von Trustnode schlüsselt das Netzwerk auf.

Ein Beispiel war die scheinbare Partnerschaft von Bitfinex mit der HSBC im Oktober 2018. Dass Crypto Capital damals einfach ein Konto bei HSBC eröffnet hat, würde mit den genannten Praktiken im Artikel von Trustnode übereinstimmen.

In einem Brief an seine Partner gab Crypto Capital im Dezember bekannt, dass eine Vielzahl von Bankkonten auf der ganzen Welt eingefroren wurden. Der Grund war Verdacht auf kriminelle Machenschaften und Geldwäsche. Aus dem Brief geht hervor, dass HSBC ihre Konten in London eingefroren hat und weitere in den USA und Portugal.

Es wurde den Partnern versichert, dass die Mittel in drei Monaten wieder verfügbar sein. Dies war vor vier Monaten. Crypto Capital ist im Besitz der Global Trade Solutions AG mit Sitz in Zug, in der Schweiz. Die selbe Bank wurde auch von der mittlerweile untergegangenen kanadischen Exchange QuadrigaCX benutzt.

Nachwort

Scheinbar ist es nicht einfach mit für die großen Kryptobörsen mit den Banken zusammenzuarbeiten. Ob es wirklich die Angst vor Geldwäsche ist oder eher die Angst vor Konkurrenz, was die Kryptowährungen bei Banken so unbeliebt macht, kann man nicht sagen. Jedenfalls wehrt sich Bitfinex gegen alle Vorwürfe, was darauf hindeutet, dass sie sich im Recht sehen. Sollten sie in Ordnung sein, sollte das Geld auch wieder freigegeben werden.

Zu Tether

Von den rund 2,8 Mrd. Tether im Umlauf (Coinmarketcap) sind 625 Mio. durch einen eingefrorenen illiquiden Anteil Dollar gedeckt. Dass der Stablecoin Tether also nur mehr zu ~78% mit liquiden Dollar gedeckt ist, dürfte jetzt nicht den Untergang des Unternehmens bedeuten. Aber erst wenn man wieder an die Mittel kommt ist das Problem ganz vom Tisch.

Tether wird ständig vorgeworfen Stablecoins aus dem Nichts zu erschaffen. Bis jetzt konnte diese These nicht bewiesen werden. Auch dieser Vorfall beweist sie nicht. Man sollte sich die Frage stellen, warum Tether nicht einfach zig Stablecoins druckt, Kryptos damit kauft und sich aus dem Staub macht. Warum schlägt sich das Unternehmen mit den Behörden herum, wenn es eh kriminell sein soll?

Die Verweigerung in die Einsicht der Daten könnten damit erklärt werden, dass die Kunden anonym bleiben wollen bzw. dass Tether sie schützen will.

Wie man sieht ist eine FIAT Buchgeldanbindung nicht so einfach einzurichten. Deshalb haben sehr viele Börsen überhaupt keine Fiat Anbindung sondern benutzen ausschließlich Stablecoin Handelspaare. Damit ist man zwar infrastrukturmässig zentralisiert auf Tether, aber weniger von den Entscheidungen der Banken abhängig. Stablecoins bringen somit ein enormes Maß an Flexibilität mit sich. Besonders im Hype, wenn eine hohe Nachfrage nach Kryptowährungen besteht und viel frisches Kapital in den Markt kommt, ist die Finanzinfrastruktur essentiell. Momentan beträgt das Handelsvolumen von Tether laut Coinmarketcap mehr als ein viertel des Gesamthandelsvolumens von Kryptowährungen.

Diese Infrastruktur ermöglichte erst die hohen Preise der Kryptowährungen 2017 und damit den Einstieg der meisten Menschen. Man schätzt die Dinge immer erst dann, wenn man sie nicht mehr hat. So lange muss man die unbewiesenen Anschuldigung weitertragen und am eigenen Bein sägen.

Zu Bitfinex

Zur Verteidigung von Bitfinex muss man sagen, dass die seit 2012 betriebene Börse in der Vergangenheit seinen Kunden gegenüber immer Loyal war. Nachdem im Jahr 2016 73 Mio. $ bei einem Hack abhanden gekommen sind, wurden alle Kunden vollständig entschädigt. In den letzten Jahren war Bitfinex eine der nach Handelsvolumen größten Kryptobörsen und hat sicherlich maßgeblich zur Verbreitung und Unterstützung von Kryptowährungen beigetragen. Weiterhin gibt sich das Unternehmen mühe die Plattform laufend zu verbessern. Was die am 29. April bekannt gegebene Partnerschaft mit dem Marktanalysedienstleister Santiment zeigt.

Eine andere Lösung für das Problem mit Crypto Capital hätte es wohl nicht gegeben, ohne einen größeren Schaden davonzutragen. Hätte die Börse den Betrieb heruntergefahren, um zu warten bis die Gelder frei werden, wäre sie wahrscheinlich Geschichte. Nichtsdestotrotz hätte sie die Aktion mit Tether den Investoren mitteilen müssen.

Momentan schaut es danach aus, dass iFinex die Sache überstehen wird. Das Handelsvolumen ist wieder angestiegen und der Tetherpreis hat sich auf 1$ erholt. Gerüchten zufolge soll bald ein Tokensale auf Bitfinex stattfinden.

Solange es iFinex gibt und sie keine klare Einsicht in den Finanzverkehr gewähren, werden die Kritiker nicht ruhen und dem Unternehmen weiterhin die Schuld an den hohen Kursen und Erfolgen der Kryptowährungen geben. Daran werden auch die dezentralen Exchanges ETHFinex oder EOSFinex nichts ändern können.

 

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Lukas Mantinger
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Lukas Mantinger

Lukas ist Journalist und Fachmann im Blockchainbereich. Er befasst sich seit vielen Jahren mit dem Thema, verfasst täglich Berichte und Reportagen. Er ist immer auf dem Laufenden und vor allem Experte, wenn es um technische Fragen geht.

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