Wir haben uns im Rahmen der C3 Cryptoconference Berlin mit Marcel Kuhs, dem CEO und CO-Founder von AZHOS, unterhalten. Das Projekt möchte mit Hilfe der Blockchain für mehr Effizienz in der Chemiebranche im Bereich der Supply Chain Finanzierung- und Automatisierung sorgen. Dafür werden zahlreiche Radarsensoren benötigt. Hinter dem Projekt steht ein schon über 20 Jahre bestehendes Unternehmen.
Das folgende Interview ist eine Transkription des Gesprächs.
Erzähl uns bitte etwas von eurem Projekt und was ihr so macht.
Wir sind ein Startup aus der chemischen Industrie, das sich mit der Supply Chain Finanzierung beschäftigt. Ursprünglich kommen wir aus dem Sektor der Supply Chain Automatisierung, im speziellen Fall für Schüttgüter. Die Chemieindustrie ist zwar unsere Heimat, aber wir sind auch in der Öl und Getreide Industrie aktiv.
Was wir grundsätzlich machen: wir haben ein Netzwerk von über 6000 weltweit installierten Datenpunkten, die mit der Hilfe von Radarsensoren die Füllstände diverser Güter in Tanks und Silos messen. Wenn ein bestimmter Schwellenwert erreicht wird, findet ein automatischer Beschickungsprozess statt. Dabei erstellt das System selbstständig eine Order an den Lieferanten, der die Güter dann losschickt.
Derzeit ist es wegen der langen Zahlungsziele, die die Lieferanten in dieser Industrie haben, nicht möglich, dass Güter die nicht quantifiziert werden können, vorfinanziert werden. Genau in diesem Punkt unterscheiden wir uns von der klassischen Supply Chain Automatisierung. Das heißt wir nehmen den selben Datensatz, den wir auch schon aus der Automatisierung haben, speichern ihn auf der Blockchain und haben damit einen nicht veränderbaren Beweis, dass die Güter wirklich in der Zeit, in der Quantität und auch in der Qualität existieren oder konsumiert wurden und können daraufhin eine Sofortzahlung initiieren.
Ihr verwendet die Blockchain also , um die Betriebsabläufe effizienter zu gestalten und die Zahlungsziele zu verkürzen?
Man muss zuerst einmal überlegen, was genau ist Effizient? Wir brauchen eigentlich keine Blockchain für den Prozess, es läuft seit 20 Jahren sehr gut und effizient ohne Blockchain auf einer zentralen Datenbank, weil sie besser skaliert und die Blockchain in erster Linie langsam und teuer ist. Der Grund warum wir eine Blockchain-Anwendung für die Supply Chain Finanzierung brauchen, ist ganz einfach der, dass gewisse Regularien und Restriktionen es Banken derzeit nicht erlauben, Güter vorzufinanzieren, die sie nicht quantifizieren können. Wenn eine Füllstandsänderung sowohl beim Lieferanten als auch beim Kunden durch Nodes validiert wird, das sind zwei Entities mit verschiedenen Interessen, der Lieferant bekommt das Geld, der Kunde muss es zahlen, haben wir die legale Qualität, die es braucht, um diese Güter vorzufinanzieren.
Es kam schon öfters vor, dass ein Lieferant pleite gegangen ist und dann der Insolvenzverwalter vorbeikam und in den Büchern festgestellt hat, dass noch die Chemikalie XY in den Tanks sei, sich vor Ort ein Bild davon machen wollte und plötzlich vor leeren Tanks stand, weil alles schnell abverkauft wurde. Solche Fälle sind der Grund, warum man gesagt hat, dass das Risiko bei der Vorfinanzierung von Schüttgütern zu hoch ist. Wir reden hier auch nicht über Factoring, wenn die Rechnung bereits gestellt wurde ist es einfach, sondern wir reden hier davon, wenn noch keine Rechnung gestellt werden kann und quasi keine Nachweisbarkeit darüber da ist, wie viel schlussendlich verbraucht wurde. Die Blockchain ermöglicht die Vorfinanzierung in dem Moment, in dem wir die Nodes zwischen den Interessengruppen verteilen.
In welchem Stadium befindet sich eure Anwendung, ist es nur eine Idee, ein Produkt oder schon ein MVP?
Wir haben ein laufendes operatives Business, wir sind in 54 Ländern vertreten und wir überwachen jetzt schon über 50 Milliarden Euro an Warenwert über unsere Anwendung. Allerdings in dem Bereich der Supply Chain Automatisierung, die Supply Chain Finanzierung bzw. die automatisierte Supply Chain Finanzierung ist nochmal ein ganz anderer Punkt, an dem wir jetzt erfolgreich mit unseren Partnern aus der Chemiebranchen MVPs geschaffen haben und wir reden da über die großen Chemiekonzerne, die da mit drinnen hängen. Man muss jedoch wissen, dass es 20% Aufwand ist, die Technik bereitzustellen und 80% rechtlicher Rahmen, Regelconformität und die Frage:” Was ist das dann überhaupt bilanztechnisch, was wir da verbuchen und ob man das schlussendlich so machen darf, da sind gerade Anwälte dran, das zu prüfen. Weil unser Kunde, der Lieferant, nicht mit Bitcoin oder Ether, sondern mit E-Money bezahlen wird, auf der Blockchain, eben aus dem Grund, dass wir gucken müssen, dass man das auch alles so in den Büchern bzw. Accounts verbuchen kann. Das ist mit Bitcoin derzeit nicht möglich.
Braucht ihr Lizenzen und wie geht ihr mit der regulatorischen Situation um?
Ja, eine Lizenz brauchen wir vor allem für das E-Money, und diese haben wir auch. Dafür arbeiten wir mit einer spanischen Entität, die diese Lizenz hat, zusammen. Operativ sieht es so aus, der Kunde richtet sich ein Wallet ein. Mit der Eröffnung dieses Wallet generiert er direkt eine IBAN Nummer und der Betrag, der auf diesem IBAN-Konto liegt, wird quasi in Form eines Tokens auf das Wallet gespiegelt. Der Token ist also echtes Geld und kann dann für alle Zwecke genutzt werden, wenn man so möchte ist er programmierbares Cash.
Muss der Endkunde seine Coins über eine Exchange auscashen?
Das haben wir uns anfangs alles überlegt und Krypto war erstmal, aufgrund der regulatorischen Unklarheit und der Volatilität, raus. Dann haben wir uns die Stabletoken angeguckt, wir brauchten ja irgendetwas, was auch an die Rechnungen angeknüpft werden konnte. Tether ist aus mehreren Gründen rausgefallen, vor allem weil es ein Token ist. Da unsere Kunden sich einen Account bei einer Exchange hätte erstellen müssen, von dem sie den Token traden, ist es erstens bei den großen Industrien nicht durchsetzbar und zweitens absolut ineffizient. Was wir machen ist eine Mechanik, die es dem Kunden erlaubt eine ganz normale SEPA-Transaktion zu machen, aber das Geld operiert auf der Blockchain, also ist es für ihn keine großartige Änderung im System.
Vor welchen aktuellen Herausforderungen steht ihr und warum habt ihr euch für einen STO entschieden?
Ursprünglich wollten wir einen klassischen ICO machen, und das war noch bevor der Peak erreicht war. Wir hätten auch mit ein paar sehr bekannten Advisern zusammenarbeiten können. Es hat uns jedoch einer dieser Adviser dazu geraten, das nicht zu tun. Wir hatten einen Utility-Token in dieses System implementiert, der aber wenig Sinn ergab. Wie es halt bei leider sehr vielen ICOs der Fall ist. Wir hätten damit zwar Kapital einsammeln können, dem Stand jedoch gegenüber, dass wir ein 20 Jahre altes Business gefährden würden, die ganzen Beziehungen zu den großen Unternehmen hätten wir aufgeben bzw. riskieren müssen, sodass wir davon abgesehen haben und dann den Weg gegangen sind, erstmal das System aufzubauen. In AZHOS selber stecken jetzt 18 Monate Arbeit und das ist auch alles eigenfinanziert. Ein STO ist eine Option, die wir uns jetzt gewählt haben. Wir haben ein Wertpapierprospekt erstellt und machen das unter Liechtenstein, sprechen aber gleichzeitig auch noch mit Venture Capital Investoren. Wir halten es uns noch offen, ob wir diesen STO übernächsten Monat wirklich starten oder in der Zwischenzeit erst einmal über eine Venture Runde gehen und sagen, wir skalieren erstmal und überlegen uns dann, ob wir den STO starten.
Ihr hättet also der Fall von “Wir verkaufen einen nutzlosen Token” werden können, habt euch aber bewusst für den seriösen Weg entschieden?
Gezwungenermaßen, hinter AZHOS steckt ein sehr großes Geschäft mit Partnern, die auch nicht bereit gewesen wären solch ein Risiko einzugehen.
Wie kommt es, dass John McAfee euer Adviser ist?
Das entstand zu den ICO-Zeiten. Auf der Suche nach Advisern haben wir selbstverständlich auch danach geguckt, wie wir an die Masse gelangen und die meisten Investoren bekommen. Auch mit einer Foundation und allen Sachen, die dafür von Nöten sein sollten bzw. sind. Dann habe ich irgendwann angefangen John auf Twitter anzuschreiben :”Hey ich hab hier ein vielversprechendes Projekt, schau es dir doch mal an.” AZHOS war zu der Zeit noch ein Konzept. Nach 20-30 Nachrichten hat er dann auch geantwortet und mich angerufen. Weil er mal in München gelebt hat, spricht er relativ gut deutsch. Ich habe dann gesagt: “Pass mal auf, ich habe hier etwas, das ich dir zeigen möchte. Ich würde gerne deinen Support als Adviser haben. Hauptsächlich, um das zu promoten.” Dann hieß es: “Schicke mir das zu, ich guck es mir an”, darauf sagte ich: “Das reicht nicht, ich muss dir das zeigen.” Dann hat er mich zu sich nach Lexington eingeladen und ich kam dann dort an, wurde von seinen Security Guard empfangen. John ist eine sehr stark geschützte Person. Er kam aus dem Wohnzimmer und sagte:” Dann zeig mir doch mal, was du da hast!”. Ich habe es ihm dann so vorgestellt, wie es heute aussieht. Der Witz an der ganzen Sache ist, dass er dann derjenige war, der uns dann von einem ICO abgeraten hat und gesagt hat, dass wir keinen machen sollen.
So etwas traut man ihm und seinem Image ja gar nicht zu?
Genau das ist das, was er nach außen verkörpert, diesen Rockstar und Party usw. Fakt ist aber, dass er gesagt hat, dass der Token in unserem Fall kein Sinn macht. “Ihr habt ein valides Projekt, habt diese Infrastruktur, seid in soviel Ländern vertreten, habt die Geschäftspartner. Geht doch auf Venture Capital Suche, guckt doch, dass ihr dieses Business jetzt aufbaut.” Weil er das Projekt sehr gut fand, hat er angeboten selber zu investieren. Das Projekt würde eine klassische VC-Runde hergeben. Dann fragte ich ihn: “Was mach ich dann noch hier?”, er meinte: “Ganz locker, ich kann euch nach wie vor anbieten die Codes anzugucken und ein Auditing zu machen”, er hat entsprechende Leute und auch ein sehr großes Netzwerk. Dann hat er uns tatsächlich dieses Angebot gemacht und ist seitdem mit dabei.
Habt ihr ein Token oder ist es ein Coin ?
Es wäre ein STO auf Ethereum. Im Wertpapierprospekt ist es so beschrieben, dass es ein Derivat einer Schuldverschreibung ist, so wie es BitBond gemacht hat. Wir warten jetzt erstmal auf das Approvement. Wenn wir es haben, werden wir uns nochmal überlegen, ob wir diesen Weg wirklich gehen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass in diesem Fall der Anreiz groß genug ist, dass auch investiert wird, weil es ein sehr valides Projekt mit viel Substanz ist.
Das werden wir uns auch nochmal ohne Stress überlegen, wir müssen ja auch den potentiellen Investoren einen Exit bieten können, es gibt aktuell noch nicht so viele Security-Exchanges. Es gibt noch ein paar Dinge, die noch vorab geklärt werden müssen.
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